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Senden Sie per Email ein Exposé direkt an die Leiterinnen und Leiter der jeweiligen Sektion. Das Exposé muss Ihre(n) Namen und Ihre Affiliation(en) sowie den Titel Ihres Beitrags enthalten und es kann maximal 4000 Zeichen, einschließlich Leerzeichen sowie bibliographischer und sonstiger Angaben, umfassen.
Die Frist für die Einreichung eines Exposés ist der 31. Dezember 2024. Die definitive Zusage durch die Sektionsleiterinnen und Sektionsleiter erfolgt spätestens bis zum 31. Januar 2025.
Sektionsleitung und Kontakt
Dominique Dias (Sorbonne Université, Paris)
Nadine Rentel (Westsächsische Hochschule Zwickau)
Tilman Schröder (Hochschule München)
Neue Technologien haben den Sprachgebrauch und Kommunikationsgewohnheiten im Laufe der Zeit grundlegend verändert. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sprachliche Zeichen in den meisten Fällen technisch-medial hergestellt, vermittelt und rezipiert werden. Dies ist zumindest eines der Postulate der Medienlinguistik, für die alle Linguistik Medienlinguistik sein sollte (Schmitz 2018: 34). Im 21. Jahrhundert lässt sich diese sprachlich-kommunikative Entwicklung durch neue Technologien in verschiedenen Formen beobachten: Kommunikation wird nicht nur schneller und komplexer, es entsteht dabei eine völlig neue Art von Kommunikation. Paveau (2013: 36) spricht sogar von „technolangage“: damit weist sie darauf hin, dass Technik nicht bloß ein Medium oder Träger der Kommunikation ist, sondern ein eigenständiger struktureller Bestandteil von Diskursen. So entstehen neue Textsorten und
Kommunikationsformen (Webseiten, Internetforen, Onlinemedien…), die sich nicht nur in der Übertragung von traditionellen Routinen in den virtuellen Raum manifestieren, sondern neue eigene Regeln festlegen. Internet Memes basieren z.B. auf einer neuen multimodalen Form der Textualität (Wagener 2022), die sich von offline-Praktiken deutlich abgrenzt. Interaktionen werden zum Teil neu definiert (z.B. in Social Media, wo die Grenzen zwischen privater und öffentlicher Kommunikation zusehends verschwimmen). Die Entwicklung von KI und Chatbots ermöglicht sogar eine Mensch-Maschine-Interaktion, die Authentizität und Urheberschaft von Texten in Frage stellt. Diese immer wichtigere Rolle der neuen Technologien in der Kommunikation geht aber nicht mit einer „Entsubjektivierung“ der Sprache einher. Ganz im Gegenteil tauchen neukonfigurierte „mediale Emotionskulturen“ (Hauser, Luginbühl & Tienken 2019) auf, sei es in der Selbstdarstellung der Individuen oder im Engagement für das Kollektiv.
Vor diesem Hintergrund sollen im Rahmen der Sektionsarbeit Formen und Funktionen von sprachlichen Emotionalisierungsprozessen in technologisch vermittelter Kommunikation unter verschiedenen Blickwinkeln behandelt werden. Diese Prozesse können argumentative Kontexte betreffen, in denen Emotionen und Subjektivität in den Vordergrund rücken: man denke z.B. an besondere Strategien der Selbstdarstellung in Social Media, deren Ziel es ist, die Adressaten zu überzeugen (Marwick & boyd 2011), an Humor als kommunikative Strategie, etwa in der Werbung (Soulages 2006) oder in Memes (Yus 2021). Durch Emotionalisierungsprozesse werden auch prinzipiell objektiv dargestellte Informationen anders rezipiert (siehe zum Beispiel die Rolle von Clickbaits auf Webseiten (Schröder 2018)). Darüber hinaus verändern diese Emotionalisierungsprozesse nicht nur das Verhältnis zwischen Sprecher*in und Inhalt, sondern auch teilweise zwischen Individuum und Gesellschaft: sie tragen einerseits dazu bei, neue Formen von Gemeinschaftsgefühl anzustoßen. Im Kontext der digitalen Technologien entstehen sogenannte „light communities“ (Blommaert & Varis 2015): temporäre Gruppen, die sich durch kurzzeitige Fokussierung auf wahrnehmbare und teilbare Merkmale sozialer Aktivitäten bilden. Und die dynamische Natur der Gemeinschaftsbildung im digitalen Zeitalter kann dazu führen, Formen des Engagements oder der Inklusion zu fördern (siehe die verschiedenen Kategorien des digitalen Aktivismus nach Fielitz & Staemmler (2020: 430): „Klick-Aktivismus, Hashtag-Aktivismus, Kampagnen-Aktivismus, Hacktivismus, Tech-Aktivismus“). Andererseits können diese Emotionalisierungsprozesse genauso negativen Dynamiken dienen: digitale Medien sind auch für Phänomene wie Hate-Speech (Lorenzi Bailly & Moïse 2021) und Empörungswellen (sog. „Shitstorms“) (Stefanowitsch 2020) bekannt.
Schließlich ist einer der zu berücksichtigenden Aspekte die Auswirkung solcher
Emotionalisierungsprozesse auf den Wissenstransfer. Die digitale Kommunikation ermöglicht eine schnellere Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse durch vielfältige Textsorten (Blog, Podcast, Forschungstagebücher, Open-Science-Initiativen…), in denen Laien gelegentlich die Rolle der Experten übernehmen (Rentel 2023; Dias 2023). Aber auch eher traditionelle Textsorten tendieren aus didaktischen Gründen zu einer Emotionalisierung, z.B. TV-Wissensdokus (Jaki 2019). Allerdings trägt die digitale Kommunikation gleichzeitig dazu bei, Phänomene der Manipulation zu verstärken (Fake News, Verschwörungstheorien, usw.), die genauso auf Emotionen setzen.
Forschungsergebnisse zu solchen Phänomenen und Prozessen liegen bereits vor; dennoch ist insbesondere für die romanischen Sprachen weiterhin erheblicher Forschungsbedarf festzustellen, sowohl in theoretisch-methodischer als auch in anwendungsorientierter Sicht. Erwünscht sind daher einzelsprachbezogene Beiträge sowie sprach- und kulturkontrastiv angelegte Studien. Die nachfolgenden Themenbereiche verstehen sich als Auswahl bzw. Anregung. Weitere Aspekte und Problemstellungen sind willkommen.
Emotion und Argumentation
Individuum und Gesellschaft
Auswirkung auf den Wissenstransfer
Bibliographie
Blommaert Jan & Varis Piia (2015). “Enoughness, accent and light communities: Essays on contemporary
identities”, Tilburg Papers in Culture Studies, 139.
Dias Dominique (2023). « Bookstagram : un cas de transmédialité générique ? », in D. Dias & N. Rentel (Hg), Les mutations des discours médiatiques : approche contrastive et interculturelle, Berlin : Peter Lang, 91-107.
Fielitz Maik & Staemmler Daniel (2020). „Hashtags, Tweets, Protest? Varianten des digitalen Aktivismus“,
Forschungsjournal Soziale Bewegungen, 33 (2), 425-441.
Lorenzi Bailly Nolwenn & Moïse Claudine (2021). La haine en discours. Lormont : Le bord de l’eau.
Hauser Stefan, Luginbühl Martin & Tienken Susanne (Hg) (2019). Mediale Emotionskulturen. Bern: Peter
Lang.
Jaki Sylvia (2019). „Emotionalisierung in TV-Wissensdokus. Eine multimodale Analyse englischer und
deutscher archäologischer Sendungen“, in S. Hauser, M. Luginbühl & S. Tienken (Hg.), Mediale
Emotionskulturen, Bern: Peter Lang, 83-108.
Marwick Alice E. & boyd danah (2011). “I Tweet Honestly, I Tweet Passionately: Twitter Users, Context
Collapse, and the Imagined Audience”, New Media & Society, 13 (1), 114-133.
Paveau Marie-Anne (2013). « Technodiscursivités natives sur Twitter. Une écologie du discours numérique ». Epistémè, 9, 139-176.
Rentel Nadine (2023). « Stratégies linguistiques d’authenticité dans les recensions en ligne allemandes sur YouTube » in D. Dias & N. Rentel (Hg), Les mutations des discours médiatiques : approche contrastive et interculturelle, Berlin : Peter Lang, 75-90.
Schmitz Ulrich. 2018. „Media Linguistic Landscapes: Alle Linguistik sollte Medienlinguistik sein“, Journal
für Medienlinguistik, 1(1), 1-34.
Schröder Tilman (2018) „Zur sprachlichen Form von Clickbaits und ihrer Präsenz in deutschen und
französischen Nachrichtenteasern“, In N. Rentel & T. Schröder (Hg), Sprache und digitale Medien,
Berlin: Peter Lang, 145-62.
Soulages Jean-Claude (2006). « Les stratégies humoristiques dans le discours publicitaire », Questions de communication, 10, 103-18.
Stefanowitsch Anatol (2020). „Der Shitstorm im Medium Twitter: eine Fallstudie“, in K. Marx, H. Lobin &
A. Schmidt (Hg), Deutsch in Sozialen Medien, Berlin, Boston: De Gruyter, 185-214.
Wagener Albin (2022). Mèmologie : théorie postdigitale des mèmes, Grenoble : UGA éditions.
Yus Francisco (2021). “Pragmatics of Humour in Memes in Spanish”, Spanish in Context, 18(1): 113-35.